Beenden – eine der schwierigsten Entscheidungen und wie sie gelingen kann

Das Beenden einer Lebenssituation, einer Freundschaft, einer Beziehung, eines Jobs, aber auch einfach einer Lebensphase oder alten Version von sich selbst kann sehr anstrengend und verwirrend sein. Trotzdem ist es so wichtig, einen Weg für sich zu finden, dieses Loslassen dessen, was nicht mehr stimmig ist, anzuwenden. Nur so kann Wachstum entstehen und Platz für etwas wirklich stimmiges geschaffen werden. Ich beobachte, dass viele Menschen Schwierigkeiten haben, diese Entscheidungen immer und immer wieder für sich zu treffen. Sie hoffen und warten, auf die Lebenssituation, in der sie ankommen und diese Entscheidungen nicht mehr nötig sind. 

Ich bin der Meinung, dass es diesen Zustand des Ankommens eigentlich nicht gibt. Ende und Anfang, Death und Rebirth, Auf und Ab, das ist Teil des Lebens. Das ist das Leben. Und deshalb lohnt es sich, einen guten Weg für sich zu finden, genau damit umzugehen und diese Entscheidungen in die eigene Hand zu nehmen, statt es sich unnötig schwer zu machen und dagegen anzukämpfen. Nur so kannst du dich auf den Fluss des Lebens einlassen, der das Leben lebenswert macht und ihn sogar zu deinem Vorteil nutzen.

Was sind Hinweise, dass ich eine Entscheidung treffen und möglicherweise etwas in meinem Leben beenden und loslassen sollte?

Energie- und Motivationsverlust: Wenn du feststellst, dass du Energie und Motivation verlierst im Kontext einer bestimmten Sache oder Person, kann es ein wichtiger Hinweis sein, dass es an der Zeit ist, etwas zu beenden und loszulassen. Hier ist es wichtig, ehrlich zu dir selbst zu sein, denn manchmal wünschen wir uns nämlich, es wäre anders. Mehr Energie in etwas zu stecken, als zurück zu bekommen, ist auf Dauer nicht ratsam.

Fehlende Fortschritte: Solltest du bemerken, dass trotz deiner Bemühungen keine Veränderung eintritt in einem bestimmten Kontext, ist es in der Regel ein wichtiger Hinweis, dass es sich nicht mehr um die stimmige Sache/ Person für dich handelt.

Werte und Ziele: Bemerkst du eine Diskrepanz zwischen deinen Werten und Zielen und der Werte und Ziele im Außen, kann es Zeit für eine Veränderung sein. Hier ist aber besonders wichtig, auf dein GEFÜHL zu achten, statt diese Frage rational zu beantworten. Außerdem ist es wichtig, dich selbst und deine Werte, Ziele und dein Gefühl für Stimmigkeit sehr gut zu kennen, um sicherzugehen, dass es keine auferlegten Werte sind oder sich um soziale Erwünschtheit handelt. 

Innere leise Stimme: Wir alle haben diese innere leise Stimme in uns, die eigentlich genau weiß, was richtig für uns ist. Wir haben verlernt, auf diese Intuition zu hören und zu vertrauen. Meistens bemerken wir sie gar nicht mehr und wenn, dann wird sie häufig beiseite geschoben oder von dem Verstand und Außenlärm übertönt. Diese innere Stimme weiß, wann etwas zu Ende ist und losgelassen werden darf. Es lohnt sich also zu lernen, zu dieser Stimme Kontakt und Vertrauen herzustellen.

Beobachte deine Gefühle: Neben unserer inneren Stimme sind unsere Gefühle unsere wichtigsten Hinweisgeber. Sie sagen uns, wenn wir uns wohlfühlen, eine Lebenssituation, Entscheidung oder Person stimmig ist, oder wir frustriert, enttäuscht und unglücklich sind. Zu unseren eigenen Gefühlen wieder Kontakt herzustellen und einen gesunden Umgang mit ihnen zu üben ist entscheidend, wenn du stimmige Entscheidungen für dich treffen möchtest und herausfinden willst, ob du etwas beenden und loslassen solltest.

Gib deinen Ängsten Raum: Erlaube dir, die Ängste und Befürchtungen zu spüren, die mit dem Beenden einer Situation, Beziehung, Freundschaft etc. einhergehen würden. In der Regel sind es ja ausschließlich Ängste, die uns davon abhalten, eine Entscheidung zu treffen. Ihnen Raum zu geben und sie wirklich zuzulassen kann entscheidend sein. Indem du den worst case schon gefühlt hast, kann eigentlich nichts mehr passieren, denn alle Befürchtungen, die wir haben, beziehen sich am Ende des Tages immer auf ein Gefühl. Du hast diesem worst case Szenario also bereits den Stachel gezogen und kannst somit anschließend ganz frei deine Entscheidung treffen.

Entwickle ein Bewusstsein für dich selbst: Je besser du dich selbst kennst, deine Trigger, deine verschiedenen Anteile, deine Glaubenssätze usw., desto klarer kannst du spüren, welcher Anteil gerade im Driver Seat sitzt. Das ist wichtig, um unterscheiden zu können, welcher Anteil gerade versucht, die Entscheidung zu treffen, oder zu verhindern. So macht es einen großen Unterschied, ob dein Verstand möglicherweise reihenweise Gegenargumente bringt, oder eine innere Unruhe aufkommt, weil dein inneres Kind sich bei dieser Entscheidung nicht sicher fühlt, oder ob deine „wahre“ innere Stimme Zweifel an dieser Entscheidung hat. Das heißt nicht, dass wir es ignorieren, wenn der Verstand oder das innere Kind ihre Zweifel zeigen, dann gilt es natürlich trotzdem darauf einzugehen, gleichzeitig kannst du aber einordnen, dass die Entscheidung nicht falsch ist, sondern sie einfach nur Ängste bei bestimmten Anteilen auslöst.

Gib dir Zeit: Häufig machen wir uns selbst ziemlich viel Druck, schnelle Entscheidungen zu treffen, wenn wir bemerken, dass beispielsweise ein Job, eine Beziehung oder ein Wohnort eine gewisse Unzufriedenheit in uns auslöst und kein Lösungsversuch einen Unterschied macht. Solange dich dieser Kontext nicht extrem belastet oder sogar deine psychische oder physische Gesundheit gefährdet, darfst du dir Zeit geben. Du kannst deine Gefühle und Gedanken zu diesem Thema wirken lassen, im Vertrauen, dass du es wissen wirst, wenn es soweit ist, solange du im Kontakt mit dir selbst bist und bleibst. Natürlich ist es nicht förderlich, dich in Ablenkung zu stürzen und das Thema zu verdrängen, aber genauso wenig förderlich ist es, sich rund um die Uhr damit zu beschäftigen und eine schnelle Entscheidung erzwingen zu wollen. Die Balance ist hier das richtige Mittel: Dem Thema Zeit und Raum zu geben und den Kontakt zu sich selbst herzustellen, während man aber auch Zeiten einräumt, in denen man sich ablenken und wieder auf andere Gedanken kommen kann. So kann sich nach und nach ein klares Bild für deine stimmige Entscheidung einstellen.

Darüber sprechen: Über das Thema zu sprechen, kann helfen, sollte aber nicht erzwungen werden, wenn es nicht deinem Bedürfnis entspricht. Solltest du dich dafür entscheiden, dann ist es empfehlenswert, bewusst zu entscheiden, welche Person sich dafür stimmig anfühlt. Es geht dabei nicht primär darum, so viele externe Meinungen wie möglich einzuholen – im Gegenteil – es geht vorwiegend darum, deine Gedanken immer wieder von der Seele zu reden und zu beobachten, wie du dich dabei fühlst, was dir gut tut und was nicht, wie sich vielleicht auch deine Sprache von mal zu mal verändert. Auch daraus kann manchmal eine Entscheidung abgeleitet werden.

Was kann mich nach meiner Entscheidung erwarten und wie kann ich damit umgehen?

Jede Entscheidung bedeutet Veränderung und das wiederum bedeutet das Ende des Bisherigen. Deshalb darf diese Phase auch von Abschied und Trauer begleitet sein, was wichtig ist, um auch wirklich Raum für etwas Neues zu schaffen. Die Entscheidung selbst ist nämlich oft gar nicht entscheidend, sondern die Verarbeitung des Bisherigen und der Veränderung. Es darf bewusst innerlich Abschied genommen werden, denn auch wenn du dir diese Veränderung gewünscht hast, hatte die bisherige Situation vermutlich nicht nur negative Seiten. Um die Veränderung zu verarbeiten sollte übrigens die Ablenkungs-Falle vermieden werden (z.B. Numbing durch übermäßige Screen time, Social Media, Party, Alkohol etc.).

Gib dir Zeit, um die Entscheidung auf dich wirken zu lassen: Häufig haben wir die Vorstellung, dass sich eine Entscheidung direkt nachdem sie getroffen und kommuniziert wurde, richtig und gut anfühlen muss. Ansonsten war es wohl die falsche Entscheidung. Das ist so nicht richtig. Eine Entscheidung kann zu 100% richtig sein und trotzdem erst einmal mit Angst, Trauer oder einem schlechten Gewissen verbunden sein. Vor allem, wenn die Entscheidung ein Ende von etwas bedeutet, ist es wichtig, dich schon vorab auf die damit verbundenen Gefühle einzustellen und dir dann auch wirklich Zeit und Raum dafür zu geben, diese Gefühle zuzulassen.

Lass alle Gefühle zu: Indem du nach deiner Entscheidung in Kontakt mit deinen Gefühlen bleibst und diese bewusst zulässt, kannst du diese Veränderung in deinem inneren System verarbeiten. Durch das bewusste Fühlen verhinderst du, dass durch diese Situation irgendwelche unverarbeiteten Ängste oder Trauer als Blockaden und irgendwann als neue dysfunktionale Muster in deinem System haften bleiben. Fühlen ist der Weg zu Verarbeitung und Loslassen. Überspringst du diese Phase, hat das Beenden der Situation nur die halbe Wirkung, weil du weiterhin die damit verbundenen, unverarbeiteten Gefühle mit dir herumtragen wirst. 

Tu dir Gutes: Jede Veränderung bedeutet erst einmal eine gewisse Unsicherheit für unser System. Auch wenn die bisherige Situation uns nicht gut getan hat, ist sie für unser System und unseren Verstand trotzdem als „sicher“ abgespeichert, weil wir sie überlebt haben. Bis unser System also gelernt hat, dass auch die neue Situation sicher ist, können zusätzlich zu unserer Trauer auch Gefühle der Angst und inneren Unruhe aufkommen. Um also in dieser Phase der Unsicherheit für uns zu sorgen, ist alles hilfreich, was der Nervensystemregulierung dient: Bewegung, Natur, Atemübungen, Entspannung, Meditation uvm.

Du bist nicht verantwortlich für andere: Häufig begleitet uns ein schlechtes Gewissen, wenn wir eine Entscheidung getroffen haben, bei der wir uns selbst priorisiert haben. Mach dir bewusst, dass es dein Recht ist, für dich zu sorgen und es auch in Ordnung ist, dadurch die Gefühle einer anderen Person zu verletzen. In machen Situationen ist es nicht möglich, alle beteiligten Parteien zufrieden zu stellen und dann ist es unsere Aufgabe, unsere Bedürfnisse an erste Stelle zu setzen. Bestenfalls gab es vorab viele Gespräche und Versuche, eine andere Lösung zu finden. Du kannst dir vertrauen, niemanden aus böser Absicht zu verletzen, aber solange du die Entscheidung respektvoll und würdevoll für alle Beteiligten kommunizierst (dabei liegt es nicht in deiner Hand und ist nicht entscheidend, ob es die anderen Beteiligten auch verstehen und nachvollziehen können), ist es deine Pflicht, für dein Wohlbefinden zu sorgen.

Du musst die Entscheidung nicht erklären können, es reicht, wenn sie sich für dich richtig anfühlt: In der Regel wird von uns erwartet, eine Entscheidung mit klaren Argumenten erklären und begründen zu können. Das ist aber gar nicht immer möglich. Lass dich nicht verunsichern, denn deine Entscheidung wird nicht an den Argumenten gemessen, die du dafür aufbringen kannst, sondern an deinem Gefühl. Das gilt übrigens auch für deinen inneren Dialog. Möglicherweise hast du das Bedürfnis, die Entscheidung hinterher immer wieder vor dir selbst zu begründen. Auch dabei ist wichtig, dich auf dein Gefühl zu berufen, statt rationale Argumente zu suchen. Das kann manchmal schwer auszuhalten sein, in unserer rationalen Welt und vor allem, wenn wir zu Hause etwas anderes gelernt haben. Dann kann uns das im Anschluss an eine Entscheidung einholen, weil unser Verstand plötzlich gegen uns arbeitet und wir plötzlich gar nicht mehr wissen, warum wir diese Entscheidung getroffen haben.

Interpretiere deine Gefühle nicht falsch: Nachdem du eine Entscheidung getroffen und beispielsweise eine Situation beendet hast, packt dein inneres System alle Mittel aus, um dich wieder in „Sicherheit“ zu bringen. Wie bereits erwähnt, bedeutet für dein System das Unbekannte automatisch erst einmal mangelnde Sicherheit. Dabei ist es irrelevant, ob uns die bisherige Situation wirklich gut getan hat, wir haben sie zumindest überlebt. Deshalb kommen häufig nach einer größeren Entscheidung erst einmal starke Gefühle von Zweifel, Angst oder Schuld auf, zudem wird das bisherige plötzlich viel angenehmer und schöner empfunden, als es war. All das soll dafür sorgen, dich wieder in Sicherheit zu bringen. Außerdem kann es sein, dass dein System gelernt hat, sich selbst und die eigenen Bedürfnisse nicht priorisieren zu dürfen, sondern die der anderen. Auch dann kann so eine Entscheidung starke innere Kämpfe verursachen. Lass dich davon nicht beirren, es bedeutet nicht, dass deine Entscheidung falsch ist, es zeigt in der Regel nur, dass es für dein System neu und ungewohnt ist.

Fazit:

Ein klares Bewusstsein zu schaffen, für die individuellen inneren Anteile, die sich in so eine Entscheidung einmischen, ist ganz schön komplex und kann verwirrend sein. Gerne helfe ich dir dabei, damit du eine stimmige Entscheidung für dich treffen und anschließend mit den Begleiterscheinungen umgehen kannst.

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